Bella Donna – Die Königin unter den Giften

Sie ist von je her Symbol für Schönheit und Gefahr zugleich. Mit viel Bedacht ließen wir sie zu einem Stück lebendiger Kunst werden.

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Bei einem Fahrrad-Ausflug im letzten Frühjahr durch den Kempter Wald haben wir uns vom Moment treiben lassen und sind so in „Teufelsküche“ gekommen. Und es war kein Zufall, gerade an einem Hochstand – wo wahrscheinlich schon so manches Wildtier sein Leben lassen musste – auf diese schöne aber giftige Pflanze zu stoßen.

Faszinierende Pflanze und gefährliche Geliebte

Die Bella Donna, auch bekannt als Tollkirsche oder Waldnachtschatten, ist eine Pflanzenart mit einer faszinierenden Geschichte. Ihre Entdeckung und Nutzung sind eng mit der menschlichen Kultur, der Medizin und sogar der Mythologie verbunden.

Die Geschichte der Bella Donna reicht bis in die antiken Zeiten zurück. Die Pflanze ist in Europa und Teilen von Asien heimisch und wurde seit Jahrhunderten in verschiedenen Kulturen genutzt. Schon in der griechischen Mythologie wird sie als „Atropa“ erwähnt, benannt nach einer der drei Schicksalsgöttinnen – den Moiren. Sie ist ‚die Unabwendbare‘ und ihre Aufgabe war es, den Lebensfaden zu zerschneiden, der von ihrer Schwester Klotho gesponnen und von Lachesis bemessen worden war.

Im Laufe der Zeit wurde die Bella Donna für verschiedene Zwecke verwendet. Im alten Rom und Griechenland wurde sie beispielsweise in medizinischen Rezepturen eingesetzt, um Krankheiten zu behandeln. Allerdings wurde sie auch als Giftpflanze genutzt. Ihre Beeren sind besonders gefährlich und enthalten Atropin sowie andere Alkaloide, die eine stark halluzinogene Wirkung haben können.

Sie wurde vom Volk als eine alte Zauberpflanze mit magischen Kräften angesehen, in deren Umgang man spezielle Zeremonien einzuhalten hatte. So wurden ihre Wurzeln z.B. zur Herstellung von Liebestränken genutzt und Hexen stellten eine Salbe daraus her, die sie fliegen lassen konnte. Unter dem Namen Bollwurz war das Kraut als kräftiges Schutzmittel gegen Verwundungen bekannt.

Die Bella Donna fand auch ihren Platz in der Kunst und Schönheitskultur. Ihr Name bedeutet im Italienischen „schöne Frau“ und verweist auf die Verwendung der Pflanze im Mittelalter und der Renaissance. Frauen nutzten den Saft der Beeren, um ihre Pupillen zu erweitern, was zu einer vergrößerten und intensiveren Augenfarbe führte. Dieses Schönheitsideal trug dazu bei, dass die Bella Donna im Laufe der Geschichte mit Anmut, Verführung in Verbindung gebracht wurde.

Im Bereich der Medizin wurde die Bella Donna als Schmerzmittel, zur Behandlung von Krämpfen und zur Erweiterung der Atemwege bei bestimmten Erkrankungen verwendet. Heutzutage wird sie aufgrund ihrer Toxizität selten medizinisch genutzt, aber bestimmte Bestandteile der Pflanze finden weiterhin Anwendung in der pharmazeutischen Forschung.

Die dualistische Natur der Pflanze

Von einem philosophischen Standpunkt aus betrachtet, könnte man die giftige Bella Donna als eine Metapher für die Dualität des Lebens betrachten.

Ihr Gift ist gefährlich und kann tödlich sein. Es symbolisiert somit die dunkle Seite der Existenz, die Gefahren und Herausforderungen, denen wir im Leben begegnen. Es erinnert uns daran, dass die Welt nicht immer sicher oder freundlich ist und dass wir mit Vorsicht und Wachsamkeit navigieren müssen.

Gleichzeitig wird die Bella Donna in der Medizin verwendet, um bestimmte Symptome zu behandeln. Es kann als Heilmittel dienen, wenn es in der richtigen Dosierung und unter kontrollierten Bedingungen angewendet wird. Diese Ambivalenz erinnert uns daran, dass es in vielen Aspekten des Lebens ein feines Gleichgewicht gibt und dass sogar etwas Schädliches unter bestimmten Umständen positive Auswirkungen haben kann.

 „Alle Dinge sind Gift, und nichts ist ohne Gift; Allein die Dosierung macht es so, dass ein Ding kein Gift ist.“

Paracelsus

Es fordert uns auf, unsere Entscheidungen sorgfältig zu treffen und die Konsequenzen unserer Handlungen zu bedenken, da selbst das verlockendste Geschenk eine verborgene Gefahr in sich bergen kann und die Dosis über die Wirkung entscheidet.

Bella Donna als Landart

Die Umwicklung der Bella Donna in unserem Kunstprojekt ist ein Versuch, diese Dualität der Pflanze zu verdeutlichen, was sowohl Ehrung als auch Warnung verkörpert.

Indem die Bella Donna künstlerisch betont und in das Projekt integriert wird, würdigen wir ihre ästhetische Schönheit und ihre historische Bedeutung. Es kann als Anerkennung für die vielfältigen Facetten der Natur gesehen werden und die künstlerische Interpretation der Gefahr und Schönheit zugleich zeigen. Diese Inszenierung soll den Betrachter dazu anregen, die Natur mit einem neuen Verständnis und Respekt zu betrachten.

Gleichzeitig dient die Warnung vor der Bella Donna als Erinnerung an die toxischen Eigenschaften der Pflanze. Dieser Aspekt der Installation kann als Mahnung dienen und den Betrachter dazu auffordern, sich bewusst zu sein, dass nicht alles, was schön oder verlockend erscheint, harmlos ist. Es ist eine Erinnerung daran, dass wir in unserer Welt, obwohl sie von ästhetischen Reizen umgeben ist, auch mit Vorsicht und Wachsamkeit vorgehen sollten.

Durch die Betrachtung beider Seiten der Bella Donna – ihre Schönheit und ihre Gefährlichkeit – schafft die Kunst einen Raum für Reflexion über die Komplexität des Lebens. Sie soll bewusst machen, dass es wichtig ist, die Balance zwischen den beiden Extremen zu finden. Und es kann unsere Beziehung zur Natur hinterfragen, sowie die Entscheidungen, die wir in ihr und mit ihr treffen.

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