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The art of living – Wozu noch Kunst angesichts der Katastrophen?

„The greatest art is the art of living, greater than all things that human being have created, by mind or hand, greater than all scriptures and their gods it is only through this art of living that a new culture can come into being.“

J. Krishnamurti

Der indische Philosoph erklärte diese Worte in der Mitte des letzten Jahrhunderts. Ausgehend von diesem Zitat möchte ich die Idee einer Kunst zu Leben aufnehmen.

Was ist erst einmal Kunst überhaupt

Wenn man mit J. Beuys davon ausgeht, dass menschliche Handlungen immer auch künstlerische Handlungen sind, die zum Zweck haben, kreativ etwas in die Welt zu setzen, kann man verstehen, was Krishnamurti damit meinte, wenn er von einer Lebenskunst spricht.

Kunst ist demnach etwas, was aus der Menschlichkeit selbst entspringt, aus dem Wunsch etwas in die Welt zu bringen. Dieses kreative Tun hat natürlich unterschiedliche Ansprüche. Jeder ist ein Künstler, aber nicht jeder ist ein Maler … stellte Beuys einst klar.

Da kann man z.B. einen selbstgemachten Apfelkuchen backen, oder ein Künstler schafft ein wertvolles Gemälde. Beide Dinge sind verschieden. In beiden Fällen handelt es sich jedoch um Objekte, die in die Welt gebracht wurden. Sie sind Kreationen durch Menschenhand vollbracht. Im besten Falle sind beide – Apfelkuchen und Gemälde – auch künstlerisch wertvoll. 😉

Welche Entwicklungen sind von Bedeutung

Wenn wir uns die Kultur des beginnenden 21. Jahrhunderts ansehen, ist offenkundig, dass die Menschheit an einem Scheideweg steht. Nicht wenige sehen sogar den Untergang der menschlichen Spezies als Folge der unverhältnismäßigen Ausbeutungen der Natur. Menschliche Schaffenskraft / Kreativität hat in den westlichen Kulturen auf der einen Seite zu einem enormen Fortschritt geführt.

Schneller, höher, weiter.

Diese Maxime bestimmten die letzten Jahrhunderte der westlichen Kulturen. Die wirtschaftlichen, sozialen und ökologischen Schattenseiten sind aber auf der anderen Seite nun kaum mehr übersehbar:
Ressourcenknappheiten, Umweltzerstörungen, Klimakrisen, Pandemien, Kriege, Armut aufgrund von Ausbeutung der Mitwelt.

Die kulturellen Fortschritte und dessen Schattenseiten sind dabei immer auch Folgen der menschlichen Kreativität und dem Wunsch sich die Welt anzueignen und sie zum Untertan zu machen. Allzu oft waren Gewinnmaximierung, Lebenserleichterung und Komfort die einzigen Triebfedern für den Einsatz der menschlichen Kreativität.

Was soll die Kunst auf diese Krisen antworten

Meiner Meinung nach ist eine „Kunst des richtigen Lebens“ das Gebot der Stunde. Diese Kunst stellt wieder Fragen nach dem Sinn des Lebens überhaupt. Sie vergleicht dabei fernöstliche Traditionen, etwa des Meditierens und der Achtsamkeit mit alten indigenen Weisheiten aus nah und fern. Eine Kunst des Lebens nimmt ebenfalls die Errungenschaften der Psychologie und Philosophie auf.

Der Anfangspunkt für eine natürliche Kunst soll also zunächst die Erforschung des Selbst sein. Nur wer sich selbst kennt auch mit seinen Schattenseiten, kann liebevoll mit sich Selbst und mit Anderen und dem Umfeld umgehen.

Eine Kunst zu Leben hat also zunächst die Forderung nach einem bewussteren, selbst erkannten Leben.

Kunst und die Naturwissenschaft

Die Naturwissenschaften und deren Erkenntnisse über das Kleinste und das Größte im Universum sind für die Kunst Inspiration und Quelle nie erlöschender Weisheit und Ästhetik.

Die Wissenschaften stellen die Zusammenhänge zwischen dem sich einerseits selbst erkennenden Menschen und der Natur dar. Sie zeigen darin auch die Begrenztheit unseres Wissens. Sie stellen somit unsere Demut im Gesamtgefüge des Universums klar und helfen einen Anspruch der Nachhaltigkeit zu formulieren.

Jedoch: Die rein einseitige Überbetonung der Wissenschaften und des Fortschrittes in den vergangenen Zeiten haben eben auch zu einem Verlust der sinnlichen und sinnstiftende Elemente geführt.

Die Verbundenheit aller Dinge ist die Grundlage allen Seins und daher auch die Grundlage der Kunst des Lebens.

Solch eine Kunst möchte aus diesem Grund weiter gehen und verschiedenste Disziplinen einschließen und erforschen, immer auf der Suche nach dem gelungenen nachhaltigen liebevollem und bewussterem Leben.

Wo bleibt die Spiritualität

Neben den rein vernunftmäßigen Naturwissenschaften sollen nun zu guter Letzt auch die intuitiven Fähigkeiten wieder gefördert und geschult werden. Diese Fähigkeiten zeigen sich in den verborgenen Aspekten, etwa den Träumen und der Kunst des Deutens oder der exzessiven Trance – in schamanischen, rituellen und esoterischen Handlungen, etwa um Energien zu lenken.

Was haben uns auch Tiere, Pflanzen und Mineralien zu sagen? Wie kann überhaupt eine Kommunikation mit ihnen wieder erlernt werden?

Eine Kunst des Lebens schließt die irrationalen, intuitiven Aspekte nicht aus, sondern sie werden ebenfalls zu ihren Bestandteile. Eine solche Kunstform betrachtet das komplette Leben ohne Tabuthemen als künstlerischen Akt und das Kunstwerk des Künstlers als Aufklärungsarbeit.

Was kann eine Kunst des Lebens leisten

Zusammenfassend kann sie also dafür sorgen, dass der Mensch und Künstler zurück findet zu einem natürlicherem Umgang mit sich selbst und der Umwelt. Von einer verschwenderischen, sinnentleerten Vergangenheit, in der vieles schnell belanglos und ersetzt wurde, soll es nun zu einer Besinnung zur Einfachheit des Seins kommen.

Die Selbsterkenntnis und die Demut gegenüber der Natur sind Ausgangspunkt für eine neue Kunst. Aus solch einer psychologisch und spirituell gestärkten Position kann auch das Potenzial der Kreativität wieder eingesetzt werden, um sinnvolle, nachhaltige Werte zu schöpfen. Im Menschen und Künstler kann so Verantwortung, Reife, Liebe, Mitgefühl und Spiritualität erwachsen und zu einer sinnstiftenden Kunst für die kommende Zeit führen.

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